bühne leipzig 14./15. dezember 2002
metaphernreiches tanztheater "bildbewegung" im lofft
Gespür fürs Minimale
die "reisende" 1999 christina ciupke ist wieder da, zum dritten mal mit neuem stück im lofft, wieder auf der recherchetour durch den raum, auf der suche nach dem eigenen körper. ihr "rissumriss" war der höhepunkt der tanzplattform im frühjahr: eine konsequente arbeit. ein ausloten des körpers in einem lichtspalt. ein beiwort drängte sich da auf, das man (fast) nie verwenden sollte: perfekt.
das jüngste stück heisst "bildbewegung". erneut orientiert sich die tänzerin am prinzip maximaler reduktion: die bühne bleibt schwarz und bis auf bewegungsgeräusche still. licht spenden zwei scheinwerfer rechts und links. hinten steht eine leinwand, wie ein vorhang in der mitte geteilt. links auf dem boden liegt, bis auf eine schwarze hose nackt, die tänzerin, den rechten arm so ausgestreckt, dass gäste beim betreten des saals fast die hand treffen. ciupkes rücken findet sich als schwarz-weiss-projektion auf der leinwand wieder: minutenlang ruht die situation wie der ausdruck im gesicht der tänzerin. kurz nachdem es zu langweilen droht, regt sie sich. langsam spannt sich der körper, klappt in der hüfte zusammen, den po hoch gestreckt. das dia wechselt von scharf zu unscharf. überblendungen bewegen das bild nach und nach. die fotos stammen von gisela dilchert, die seit 1992 mit der tänzerin zusammenarbeitet.
auch in ciupkes sequenz - deren zweiteiligkeit von an- und entspannung an urprinzipien erinnern mag, an herzschlag, polarität, yin-yang, digital-codes, hingabe und widerstand - schleicht sich variation ein. die tänzerin rotiert, erschließt den boden kreisend, beweist gespür für schlüssige abläufe. nach etwa vierzig minuten erlischt das dia, das geschehen gerät hektisch, disharmonisch. dunkel.
"erkenne dich selbst" stand über dem orakel von delphi. der spruch lässt sich wunderbar auf christina ciupkes beschäftigung mit raum, zeit, abbild übertragen. zwar bleibt "bildbewegung" hinter "rissumriss" zurück, gehört jedoch zum stärksten was dieses jahr im lofft zu sehen war.
hendrik pupat